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Chile Im Anfang

El Verbo Divino

Clemens Reimann an H.J. Psotta, Januar 1961 (Umschlag)

Im Januar 1961 flattert dem gerade 23-jährigen H.J. Psotta dieser sicher schon heiß ersehnte Brief ins Haus:

Brief C. Reimann an H.J. Psotta
Brief von Clemens Reimann an H.J. Psotta mit den Wettbewerbsunterlagen, Januar 1961

Neben den genauen Ausführungen zur Gestaltung der sechs Fenster für das Colegio del Verbo Divino in Santiago de Chile befinden sich zur Orientierung auch diese Aufrisse bei den Anlagen:

Entwurf für das Colegio del Verbo Divino
Entwurf für das Colegio del Verbo Divino
Entwurf für das Colegio del Verbo Divino, Grundriß
Entwurf für das Colegio del Verbo Divino, Grundriß

Am zweiten Blatt sehen wir einen frühen Bezug Psottas auf den Davidstern, hat er doch die sechseckige Grundform des Sakralraums zu einem solchen erweitert und skizziert. Auch in seinem sechsteiligen Entwurf findet er Wiederklang:

H.J. Psotta: Entwurf für El Verbo Divino, Hierachien der Engel, Detail, 1961
H.J. Psotta: Entwurf für El Verbo Divino, Hierachien der Engel, Detail, Tempera auf Karton, ca. 33 x 35 cm, Januar/Februar 1961

Und in seinen begleitenden Ausführungen erläutert er:

Ich verschmolz das Band der himmlischen Geister mit der Bewegung des Davidsterns […]. Der Grundriß ihrer Kirche bildet einen Davidstern, wenn die Außenlinien verlängert werden; so bekommt der Raum mit dem Fenster einen symbolischen Zusammenhang.

H.J. Psotta, Erläuterungen zu den Fensterentwürfen der Kirche des Colegio del Verbo Divino, Santiago de Chile, Februar 1961, NL HJP 44
H.J. Psotta: El Verbo Divino, Gesamtansicht des Entwurfs, Tempera auf Karton, ca. 200 x 120 cm, 1960/61
H.J. Psotta: El Verbo Divino, Gesamtansicht der sechs Entwürfe, Tempera auf Karton, ca. 200 x 120 cm, Januar/Februar 1961

Bereits in der ersten März-Hälfte schickt Psotta seine Entwürfe auf die Reise. Und Anfang Mai erhält er eine ebenso enttäuschende wie anerkennende Absage:

Leider fiel die letzte Entscheidung nicht zu Ihren Gunsten aus. Ich persönlich bedaure das aufrichtig, da ich bis zum letzten Augenblick Ihren Vorschlägen zum Sieg verhelfen wollte und weil ich persönlich überzeugt bin, daß die Kirche einen wertvollen künstlerischen Reichtum verliert.

Clemens Reimann an H.J. Psotta, 7. Mai 1961, NL HJP 17

Dennoch ereignet sich auf der Grundlage dieser Arbeiten eine entscheidende Wende in H.J. Psottas Leben. Über eine Verwandte von Ruth Johow, die in Chile lebt, bekundet er sein Interesse, in Chile zu lehren. Die am Kirchenbau beteiligten Architekten Alberto Piwonka und Sergio Larraín García-Moreno zeigen sich beeindruckt von Psottas Entwürfen und so ergibt sich die ebenso überraschende, glückliche wie ungewöhnliche Möglichkeit, dass dem jungen Künstler an der Architekturfakultät der Universidad Católica eine Werkstatt eingerichtet wird und er die Möglichkeit bekommt, einen sehr exklusiven Schüler*innenkreis im Bereich der Sakralkunst (Arte Sagrado) auszubilden.

Am 1. Dezember 1962 betritt Psotta in Bremerhaven ein Schiff, welches am 5. Januar 1963 in den Hafen von Valparaiso einläuft.