Zur Ausstellung MIR ZENEN DO!
NOVILLA Berlin
9. November bis 29. Dezember 2022
Von Helmut J. Psottas 85. Geburtstag bis zu seinem 10. Todestag zeigen moving poets berlin/NOVILLA einen schmalen aber wichtigen Werkauszug, ergänzt mit einigen kontextualisierenden Arbeiten seines langjährigen Freundes Arndt Beck. Im Zentrum stehen dabei zwei Werkphasen Psottas, die sich intensiv mit dem Kinderfoto seiner Mutter Rosa auseinandersetzen: 1978/79 in Gahlen am Niederrhein und 1987/88 in Peru.
rosa-paraphrasen oder ausführlicher: Martyrium, Tod und Verklärung der Rosa — Paraphrasen über das Bildnis seiner Mutter als 6-jähriges Kind; so nennt sich einer von H.J. Psottas Zyklen aus seiner peruanischen Zeit mit der Grupo Chaclacayo (1982—88). Der gesamte Zyklus umfasst 106 Blätter desselben Formats.
pornografie oder auch: Apokryphe Sinn-Bilder eines pornografischen Tatbestands — entstand 1978/79 und ist nicht nur die erste Beschäftigung mit dem Kinderfoto, sondern bedeutet — gemeinsam mit der hier nicht gezeigten kleinformatigen Zeichnungenserie sodom (1980/81) — einen, wenn nicht den künstlerischen Durchbruch Psottas. Die meisten Arbeiten mit dem Mutter-Motiv sind hier versammelt, ohne dieses gibt es noch viele weitere ähnliche. Psottas künstlerischer Durchbruch geht einher mit einem gleichzeitigen offenen Bekenntnis zu Judentum und Homosexualität, einer Politisierung der Ästhetik, einem unerschöpflichen Bilderstrom.
Mit rosa wird das maßgebliche Motiv der Ausstellung als schwebender Engel eingeführt: die vergrößerte Zeichnung des Fotos (1908) entstand 1987 in Peru. Gespiegelt wird sie von einem ikonischen Blatt der rosa-paraphrasen sowie geisterhaften Abbildern, die Arndt Beck fotografisch den Glasscheiben entlockte, die jahrzehntelang eben diese Zeichnungen bedeckten und deren Spuren, Ausdünstungen sich selbständig abgelagert hatten.
ode tsu der toyb ist eine dreiteilige Arbeit von Arndt Beck aus dem Jahr 2022, die das ikonische Foto der letzten amerikanischen Wandertaube Marta mit dem gleichnamigen Langgedicht des jiddischen Dichters Avrom Sutzkever verwebt. Ergänzt wird diese Arbeit mit Fotos von Beck, sowie weiteren Bildern Psottas mit Taubenmotiven.
Helmut J. Psotta (1937—2012), geboren im Ruhrgebiet, Maler, Zeichner, Fotograf, Musiker, Poet, Performance- und Aktionskünstler, Pädagoge; von 1963—67 in Chile, danach in den Niederlanden (Utrecht) und in Gahlen am Niederrhein, von 1982—88 in Peru, dort begründet er mit zwei Schülern die Grupo Chaclacayo. Ausstellungstournee durch die Bundesrepublik und die DDR. Lebte ab 1999 überwiegend in Berlin.
Arndt Beck (1973), arbeitet als freier Künstler vorwiegend in Fotografie, Zeichnung und Text. Als Erbe H.J. Psottas vertritt er sein Werk wie das eigene. Er befasst sich zudem seit einigen Jahren intensiv mit jiddischer Sprache und ist eine:r der Initiator:innen von yiddish.berlin.
Hier ein fotografischer Eindruck. Alle Fotos: Arndt Beck.
rosa
ראָזע
rosa-paraphrasen
ראָזע־פּאַראַפראַזעס
pornografie
פּאָרנאָגראַפיע
ode an die taube
אָדע צו דער טױב
Bis 29. Dezember 2022.
Novilla
Hasselwerder Str. 22
12439 Berlin-Schöneweide
Öffnungszeiten: Mi 18-21 Uhr | Sa 16-19 Uhr | So 14-17 Uhr
bei allen Veranstaltungen und nach Vereinbarung: mobe@movingpoets.org | +49 177 3154530
Nicht am 24./25. Dezember
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Weitere Veranstaltungen in Kooperation mit yiddish.berlin:
01. Dezember, 19 Uhr: Yiddish and Ukraine — A View through the Translation mit Katerina Kuznetsova und Iryna Zrobok
08. Dezember, 20 Uhr: Queer Yiddish mit Jake Schneider
14. Dezember, 19 Uhr: New Yiddish Song mit Sveta Kundish & Patrick Farrell
29. Dezember, 20 Uhr: H.J. Psottas Yortsayt mit Arndt Beck