In Peru

von Wieland Schmied

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Nicht alles hatte auf meiner Lateinamerika-Reise 1982 geklappt. Manche Künstler, die ich treffen wollte, waren nicht erreichbar, andere Namen wurden mir zu spät genannt. Insbesondere bei Künstlern aus Peru […].

Ich wohnte im Hilton Hotel, das in der Nähe des Museums lag, und zwar (wenn ich mich richtig erinnere) im 16. Stockwerk, von dem ich einen guten Ausblick auf den genau gegenüber, auf der anderen Seite des Boulevards, befindlichen Justizpalast hatte. Etwa ein Jahr später soll dann im Foyer des Hotels eine Sprengbombe detoniert sein, die von den Anhängern des “Sendero luminoso” gezündet wurde und deren Auswirkungen noch in vielen Stockwerken darüber Zerstörungen anrichtete. Wahrscheinlich habe die Bombe dem Justizpalast gegolten, der aber zu gut bewacht gewesen sei, als daß Attentäter in ihn hätten eindringen können, meinte H.J. Psotta, der deutsch-niederländische Künstler, der mir in Berlin von diesem Ereignis berichtete.

Über das Goethe-Institut in Lima, das sich als höchst hilfsbereit erwies, hatte ich Psotta (der zunächst an der Kunstfakultät der Katholischen Universität in Lima als Gastprofessor gewirkt hatte) kennengelernt. Mit zwei besonders begabten peruanischen Studenten hatte er sich in ein Quartier in Chaclacayo zurückgezogen. Chaclacayo liegt etwa eine knappe Autostunde oberhalb von Lima, Richtung Anden, und Psotta und seine Schüler wohnten im letzten Haus; mich beeindruckte nicht nur ihre aufrührerische Kunst, sondern auch das jähe Ende der üppigen Vegetation wenige Meter hinter dem Haus, wo eine karge Bergwüste begann. Die Arbeitsplätze der Künstler auf dem steinigen Boden des Hauses, wo sie kniend oder liegend zeichneten und malten, waren von Blumen umkränzt und von Kerzenlicht erhellt und ließen an Exerzitienstätten denken. Später stellten die Künstler in Berlin aus, wo ihre Arbeiten plötzlich fremd wirkten.

aus: Wieland Schmied, Lust am Widerspruch, Stuttgart 2008, S. 352f.